Würdigung
Städtebau
Der Entwurf zeigt einen zweischichtigen Aufbau der Baumassen: einen klaren Sockel, der präzise fluchtend das Klinikfeld begrenzt. Dabei wird auch die Kontur des bestehenden Operationstraktes selbstverständlich fortgeführt. Der Sockel ist durch gut proportionierte Höfe gegliedert, die sich in die schön begrünten Dachflächen einschneiden. Die Haupterschließung zeichnet sich in der Aufsicht als moderat ausgebildete Fuge in Ost-West- Richtung ab. Als Freiraumachse im 1. Untergeschoß entsteht auch in dieser Ebene eine überzeugende Erschließungsqualität.
Über dem Sockel markieren fünf Pflegetürme die Organzentren, von denen die beiden östlichen den 1. Bauabschnitt aufnehmen. Die Konzentration der Baumasse in den 6-10-geschossigen Türmen erlaubt eine lockere Setzung mit großzügigen Gebäudeabständen, die den begrünten Sockel aufscheinen lassen. Der Ansatz mit der Verzahnung von Park und begrüntem 2-geschossigem Sockelgeschoß wird sehr positiv bewertet.
Das landschaftliche Thema der Schollen erzeugt eine spannungsvolle Gestaltung und lässt interessante Erlebnisorte entstehen. Die getroffenen Aussagen zur Regenwasser-Rückhaltung werden positiv bewertet. Geschickt wird durch ein leichtes, zurückgesetztes Geschoss zwischen Sockel und Pflegeturm Leichtigkeit erzeugt.
Die städtebauliche Setzung bietet schon mit dem 1. Bauabschnitt ein gutes Zusammenwirken von Bestand und Neubauten. Jedoch schafft der Entwurf mit der weit nach Westen reichenden Position des Onkologischen Zentrums eine für den 2. Bauabschnitt nachteilige Ausgangsposition.
Für das Diagnostikum wird ein 5-geschossiger Atriumbau vorgeschlagen, der allerdings weit in Richtung des Wohngebiets vorstößt.
Architektur
Die architektonische Erscheinung des Ensembles führt seine städtebauliche Qualität konsequent fort. Über dem ruhig gegliederten Sockel ‘schweben‘ die Kuben mit einer leichten, transparenten Fassade, erzeugt durch eine filterartig umlaufende Schicht von Wartungsbalkonen. Weithin sichtbar, können die fein gestalteten Pflegetürme das Erscheinungsbild des Klinikums angemessen und zeitgemäß prägen.
Erschließung
Die Erschließung des Komplexes erfolgt von Osten, vom Kopf der Magistrale. Der Haupteingang, in den Straßenraum integriert, erhält damit einen urbanen Charakter und nimmt geschickt die Wege von beiden U-Bahn-Stationen auf. Die Cafeteria bietet einen belebten Blickpunkt an der Ecke. Das Vorfeld des Eingangs erscheint allerdings deutlich zu klein, und wird durch den ruhenden Verkehr gestört, es bleibt insgesamt zu wenig Raum für die vielfältigen Funktionen des Haupteingangs. Verschärft wird diese Situation durch die Überlagerung mit der Anfahrt zur Apotheke im 1. Untergeschoß. Diese wird vollkommen unverständlich vom Parkhaus kommend unter der Straße hindurch unter den Haupteingang geführt. Ähnliches trifft für den Eingang zur Strahlentherapie zu.
Funktionalität
Vom Haupteigang mit Empfang betritt man direkt die Magistrale, die sich durch eine sehr angenehme Innenraumatmosphäre auszeichnet. Die innere Erschließung des Onkologischen Zentrums ist übersichtlich und gut organisiert.
Die Erschließung des HLG ist durch die weit im Westen situierte Haupterschließung äußerst anspruchsvoll. Seine Aufzugskerne erfordern eine Erweiterung für die zu erwartenden Patienten- und Logistikströme. Die Ambulanzen zeigen ein solides organisatorisches Grundkonzept, sind allerdings im Detail noch zu optimieren. Die Pflegebereiche weisen eine gute funktionale und räumliche Qualität auf, mit einer guten Zonierung und leicht auffindbaren Stützpunkten.
Die Apotheke ist ungünstig organisiert mit ihrer Anlieferung in U 1, da die Verteilung über U 2 verläuft.
Das Diagnostikum ist funktional gut organisiert. Seine Haupterschließung verläuft um das Atrium, damit werden Durchgangsbereiche vermieden.
Der Ablöseprozess erfolgt in 3 überwiegend schlüssigen Schritten. Dazu muss im 2. BA ein bauplanungsrechtlich zu hinterfragender Interimsbau mit 450 Betten zwischen DIAG und Parkharfe geschaffen werden, deren Anbindung und Versorgung noch nicht geklärt ist.
Tragwerkskonzept
Der Entwurf zeigt ein wirtschaftliches und technisch sinnvolles, nachhaltiges Tragwerkskonzept, das detailliert ausgearbeitet ist (z. B. Angabe von Kernbohrzonen, Zugglieder im Bereich der Balkone). Ebenfalls ist ein hohes Maß an Interdisziplinarität erkennbar und wird als sehr positiv bewertet.
Brandschutz
Für die Feuerwehr entstehen lange Angriffswege, der Entwurf sieht außerdem innenliegende, teilweise nicht durchgehende Treppen vor.
Energie und Nachhaltigkeit
Detaillierungsgrad für Gewerk M:
- Die Arbeit weist einen mittleren Detaillierungsgrad auf. Überarbeitungshinweise aus Phase 1 sind nicht berücksichtigt.
Technikflächen:
- Fehlende Technikflächen (Zentralen und Schächte, TF zu NUF-Verhältnis 23,1%) werden wesentlichen Einfluss auf Kubatur- und Grundrissgestaltung haben.
Ablösekonzept:
- Ablösekonzept nur rudimentär beschrieben, Konzept aber denkbar, da der Bestandstunnel im U3 bis in den Endausbau bestehen bleibt.
Energiekonzept:
- Es wird ein in sich stimmiges Energiekonzept mit Nutzung lokaler Potenziale präsentiert.
Abweichungen zur Auslobung:
- Nord-Süd-Stich aus dem Kesselhaus nicht adaptiert
Für eine Weiterführung des Entwurfs ist eine, aus derzeitiger Sicht machbar erscheinende, aber aufwändige Überarbeitung erforderlich.
Im Bereich Elektrotechnik liegt ein durchschnittlicher Beitrag vor, der allerdings zu wenige Verteilerräume aufweist. Versorgungsradien wurden ebenfalls nicht eingehalten.
Wirtschaftlichkeit und Realisierbarkeit
Der Entwurf hat gute Planungswerte beim Verhältnis von BGF zu Nutzfläche, jedoch werden sich diese Werte bei Berücksichtigung von ausreichenden Technikflächen deutlich verschlechtern. Kostenintensiv ist außerdem die vorgeschlagene vollflächige Sprinklerung. Trotz günstigem A/V-Verhältnis wird deshalb eine wirtschaftliche Realisierung eingeschränkt.
Insgesamt eine Arbeit, die mit ihrer gestalterisch hochwertigen und sensiblen Gestaltung dem Ausdruck einem zeitgemäßen Klinikum entspricht. Leider halten das geringe und funktional überlastete Vorfeld vor dem Haupteingang und die weit nach Westen platzierten Funktionen des 1. BA., die Konsequenzen der positiven konzeptionellen Ansätze sind, den Erfordernissen der Realität nicht Stand.